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Auswirkungen der Eurokrise: Wird die Einwanderung nach Neuseeland jetzt schwieriger?

Das Euro-Debakel scheint kein Ende zu nehmen. Nach Griechenland, Irland und Portugal kommen nun auch Italien und Spanien zunehmend unter Druck. Griechenland, Italien und Irland gehören zu den zehn am höchsten verschuldeten Staaten der Welt. Ihre Verbindlichkeiten sind höher als ihre jährliche Wirtschaftsleistung. Die europäische Gemeinschaftswährung ist angeschlagen, viele der Euro-Länder sind überschuldet, die meisten leiden an den Spätfolgen der weltweiten Finanzkrise.
Um die Pleitekandidaten vor dem Bankrott zu retten haben die EU und der IWF nun einen Rettungsschirm gespannt. Doch die Krise stellt die Staatengemeinschaft vor eine Bewährungsprobe und erzeugt bei vielen Deutschen eine Angst um ihr Geld. „Mich hat neulich Nacht ganz aufgeregt ein Kunde aus Deutschland angerufen, der sofort sein Vermögen nach Neuseeland transferieren wollte“, erzählt der neuseeländische Einwanderungsberater Peter Hahn. „Auch ein amerikanischer Wirtschaftsprofessor aus Dallas ist verunsichert, möchte so schnell wie möglich nach Neuseeland kommen.“

Nichts wie weg – und das auf dem schnellsten Wege, scheinen sich viele Deutsche zu denken. Ihre Angst um das Geld kombiniert mit dem langjährigen Traum auszuwandern verstärkt die Aktivitäten, nach Neuseeland zu immigrieren. „Neuseeland ist ein kleines Land, isoliert vom Rest der Welt“, erklärt Peter Hahn die Gedankengänge vieler seiner Kunden. „Hier wägen sich viele in Sicherheit. Keine der neuseeländischen Banken war an der ersten Wirtschaftskrise beteiligt. Es ist schon richtig, dass das Land isoliert ist. Auf der anderen Seite ist es jedoch durch seine extrem kleine Wirtschaft stark vom Weltmarkt abhängig“, gibt der Experte zu bedenken. „Einige Kunden aus Europa und den USA haben es jetzt aufgrund der Krise besonders eilig, ihre Auswanderung zu organisieren. Sie denken, dass jeder so denkt wie sie, weg will und dann Neuseeland als Ziel wählt. Und somit würde die Anzahl der Einwanderungsanträge so stark zunehmen, dass Neuseeland irgendwann reagiert und die Türen womöglich schließt, so ihre Befürchtung.“

Der starke Neuseeland-Dollar scheint der Welt eine starke neuseeländische Wirtschaft zu suggerieren. „Da ist auch was dran, denn Neuseeland hat als Agrar-Exporteur mit seiner Milchwirtschaft und Agrarindustrie in den letzten Jahren gut verdient – aber wie lange das noch so weitergeht, ist ungewiss“, gibt Peter Hahn zu bedenken. In anderen nicht landwirtschaftlichen Exportmärkten hat der hohe Dollar zu schweren Einbrüchen geführt. Der Wirtschaftsexperte des Institutes of Economic Research Shamubeel Eaqub erklärt deutlich, dass sich das Land momentan wirtschaftlich nur langsam durch den Wiederaufbau von Christchurch nach den beiden verheerenden Erdbeben erholen würde. Der Rugby World Cup würde Neuseeland nicht zu großem Aufschwung verhelfen, denn dort wo die Einnahmen durch Touristen zunehmen würden, wären die Kiwis selbst dazu geneigt, woanders weniger Geld auszugeben. Das würde sich gegenseitig aufheben.

Doch trotz der nicht ganz so rosigen wirtschaftlichen Situation in Neuseeland ist das Interesse an einer Einwanderung nach Neuseeland nach wie vor groß. „Wenn ich nur von meinem Geschäft ausgehe, habe ich zwar nicht mehr Anfragen von Auswanderungs-Interessenten als sonst, aber die Anfragen speziell in der Investor Kategorie und der Entrepreneur Kategorie haben zugenommen“, erläutert Peter Hahn. „Wo ich noch vor einigen Jahren viele Handwerker betreut habe, die kaum finanzielle Mittel zur Verfügung hatten, bekomme ich heute viele Anfragen von Auswanderungs-Interessenten, die mehr finanzielle Mittel haben und dann versuchen über das Studentenvisa, Investitionen in Neuseeland oder den Aufbau eines Geschäftes nach Neuseeland auszuwandern. Viele haben Panik vor einer neuen Weltwirtschaftskrise, wollen vorausschauend reagieren und Deutschland verlassen.“

Wo deutsche Geschäftsleute, die schon lange von einer Auswanderung träumten sich noch vor Jahren durch ihr Business gezwungen sahen, in Deutschland zu bleiben, scheint die Bereitwilligkeit zum Geschäftsverkauf nun zugenommen zu haben. „Ein Geschäft verkaufen, Angestellte entlassen, die Steuern regeln, Aufträge abwickeln – das ist ein langwieriger und schwieriger Prozess. Doch einige meiner Kunden haben jetzt genau das, was als kaum durchführbar angesehen wurde, getan. Sie haben ihr Geschäft verkauft obwohl es gut läuft, weil sie aus Deutschland weg wollen. Nun haben sie Bargeld auf der Hand und wollen das schnellstmöglich nach Neuseeland bringen“, berichtet Peter Hahn von seinem Alltag als Einwanderungsberater. Und Neuseeland ist auch ein Land, wo man noch einmal neu anfangen kann. Hier ist alles etwas schnelllebiger, Immobilienkauf und –verkauf, der Verkauf von landwirtschaftlichen Betrieben oder von einem Unternehmen. Ich hatte erst kürzlich einen ehemaligen deutschen Einwanderer, der sich ein gut gehendes Dachdeckerunternehmen in Northland aufgebaut hatte, was er nun weiterverkaufen wollte. Auch ein schweizerisch-deutscher Lebensmittelgroßhändler, der Waren importierte, wollte sein Geschäft auf den Markt bringen. Selbst deutsche Einwanderer nehmen den neuseeländischen Lebensstil an und probieren eben verschiedene Dinge aus. Das ergibt einen regen und interessanten Markt. Doch die Entrepreneur-Kategorie ist aufgrund hoher Investitionen kombiniert mit einem unsicheren Ausgang im Einwanderungsprozess nicht meine bevorzugte Methode, wenn es um eine Einwanderung nach Neuseeland geht“, schließt Peter Hahn den Gedankengang.

Der Kauf eines Unternehmens im fremden Land sei jedoch im Normalfall einfacher, als selbst ein neues eigenes Geschäft zu gründen, wo das Wissen über das andere wirtschaftliche Umfeld und die wichtigen Kontakte im neuen Land noch fehlen. „Die Formalitäten bei einer Firmengründung sind extrem einfach hier, doch darüber hinaus wirklich Geschäfte zu machen, kann ganz schön schwierig sein!“, gibt Peter Hahn zu bedenken.

Die alles entscheidende Frage bleibt jedoch, ob sich das verstärkte Interesse an Neuseeland aufgrund der Eurokrise auf die Einwanderungsbestimmungen auswirken wird. „Kurzfristig hat dieser Trend noch keine Auswirkungen auf die Einwanderungsrichtlinien gehabt, die messbar wären“, beruhigt der Experte. „Die Punkte in der Investor-Kategorie sind sogar etwas nach unten gegangen. Es ist jedoch zum jetzigen Zeitpunkt schwer abzusehen, ob es mittel- bis langfristig aufgrund verstärkter Nachfrage nach Einwanderung zu Veränderungen im Einwanderungsrecht kommen wird. Wenn man davon ausgehen würde, dass die so genannten Expatriates, die geschätzten eine Million Neuseeländer die momentan im Ausland leben, alle aufgrund der Krise in die Heimat zurück kehren und zusätzlich noch mehr Einwanderungsanträge eingereicht werden, könnte sich dies logischerweise negativ auswirken. Die momentane Quote von 50.000 Einwanderern pro Jahr würde sich dann vermutlich reduzieren.“

Peter Hahn plädiert zum jetzigen Zeitpunkt dennoch nicht auf eine überstürzte Reaktion bei Auswanderungsvorhaben. „Dieses Szenario ist momentan wirklich reine Spekulation!“

Autorin: Anja Schönborn, Wellington

  1. Martin says:

    Moin Peter,

    ein guter Freund ist jetzt nach Auckland ausgewandert. Ist aber auch ein Arzt und damit war das ganze kein Problem. Ich kenne nur den Fall von einer Familie in Australien, wo der eine Sohn eine leichte Form von Downsyndrom hatte und die Familie damit keine Permit bekommen hat.

  2. Nun ja, ich als permanent Resident, wie das so schoen (auch im neuseelaendischen) “Beamtendeutsch” heisst, kann nur sagen, es war noch nie leicht, und es wird vermutlich nie leicht sein, nach Neuseeland auszuwandern. Das kleine Land schuetzt sich vor zu vielen Einwanderern, indem es die vielen Punkte, die man erfuellen muss, wenn man einwandern will, staendig erneuert und veraendert. Dennoch, wer die noetigen Skills, das entsprechende Alter und womoeglich das entsprechende Kleingeld mitbringt, wird nach langem Papierkrieg dennoch einwandern koennen. Aber als Ausweichziel der Finanzkrise? Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist. Wer Einsamkeit liebt, wer Landschaft ohne Ende geniessen kann, Ruhe und Abgeschiedenheit, wer in einem Land arbeiten moechte, dass noch nicht durch abertausende Vorschriften ueberreguliert ist und nach dem Motto leben moechte, “was ich will das kann ich”, der ist hier sicherlich richtig aufgehoben und sollte alle Anstrengungen unternehmen hier seine “Permanent Residency” zu bekommen.
    Gruesse
    G

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