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Der Spion ist tot

Es ist tiefster Winter und es ist kalt in Neuseeland, wir schreiben den 10. Juli 1985: Kurz vor Mitternacht explodieren zwei Sprengladungen im Hafen von Auckland. Wasser läuft in den Maschinenraum der „Rainbow Warrior”. Das Schiff der Umweltorganisation „Greenpeace” neigt sich gen Steuerbord, dann sinkt es. Die Besatzung kann sich an Land retten – alle bis auf einen. Die Leiche des Fotografen Fernando Pereira wird um vier Uhr früh von Hafentauchern geborgen.

Die „Rainbow Warrior” lag in Auckland vor Anker, um eine Schiffsflotte anzuführen, die im Südpazifik gegen französische Atomtests protestieren wollte. Bald ist klar: Der französische Geheimdienst war für den Anschlag verantwortlich. Die „Operation Satanic” sollte die Protestaktion unterbinden. Einer der französischen Spione, der an der Operation beteiligt war, nennt sich Xavier Maniguet. Extremtaucher, Fallschirmspringer, Kunstpilot, Mediziner – ein französischer James Bond.

Am Abend des 10. August 1985 herrscht gelassene Stimmung an Bord des Greenpeace-Schiffes. Es gibt Tee und Kuchen, Bier und Rum. Greenpeace und Neuseeland, das gehörte damals irgendwie zusammen. Die Crew der „Rainbow Warrior” fühlte sich zu Gast bei guten Freunden im Hafen von Auckland.

Der neuseeländische Premier David Lange hatte die Männer und Frauen persönlich empfangen. Seine Regierung war schon seit einigen Jahren im Clinch mit Frankreich und vor allem mit den Vereinigten Staaten, deren Atomschiffe durch die Gewässer vor Neuseeland kreuzten. Neuseeland, das Land am Rande der Welt, das Land, das den Dreck an meinen Bergschuhen mehr fürchtet als einen Terroranschlag internationaler Terroristen, dieses Land katapultierte sich Mitte der 80er Jahre an die Spitze der internationalen Friedensbewegung  – und ließ sich auf ein Kräftemessen mit den westlichen Atommächten ein.

So erklärte die Regierung Lange Neuseeland 1987 zur atomfreien Zone und untersagte amerikanischen Atombooten die Häfen des Landes anzusteuern. Außerdem wurden nach dem Anschlag auf die „Rainbow Warrior” Anti-Atom-Protestflotten von neuseeländischen Kriegsschiffen begleitet. Verärgert kündigte die amerikanische Regierung Neuseeland den Verteidigungspakt.

Einige Zeitlang hatte der Regenbogen die Kiwis, die All Blacks und die Schafe als Symbol für Neuseeland abgelöst. Dabei ist das neuseeländische keineswegs ein Volk, das den Konflikten der Welt den Rücken kehrt, in der Hoffnung, das Inselpaar very down under möge von allem Bösen der Welt verschont bleiben. Ganz im Gegenteil: Neuseeland hat beispielsweise die Vereinigten Staaten in sämtlichen Kriegen unterstützt. Neuseeländer kämpften an der Seite der US-Truppen in Korea, in Vietnam und in Afghanistan. Erst unter der Regierung Helen Clark verweigerte das Land die Kriegsteilnahme im Irak, ist aber mittlerweile am dortigen Wiederaufbau beteiligt.

Die „Rainbow Warrior” wurde geborgen und zwei Jahre nach dem Anschlag vor der Küste der „Matauri Bay” unter großer Anteilnahme ein zweites Mal versenkt – ein symbolisches Begräbnis sozusagen. Sie ruht heute wenige Kilometer vor der Küste in 30 Meter Tiefe und ist ein beliebtes Ausflugsziel für Taucher.

Frankreich setzte seine Atomtests im Südpazifik bis Mitte der 90er Jahre fort. Bis heute ist unklar, ob Francois Mitterrand, der damalige französische Staatspräsident, in die Pläne der „Operation Satanic” eingeweiht war.

Am 16. März ist der Spion Xavier Maniguet bei einem Flugzeugabsturz in den französischen Alpen ums Leben gekommen. Er wurde 62 Jahre alt. Er war in Frankreich als Fluglehrer tätig, seine Maschine wurde bei einem Rundflug mit einem 76-jährigen Flugschüler von einer Windböe erfasst. Noch im September 2008 soll er an der Befreiung französischer Geiseln in Somalia beteiligt gewesen sein.

In den französischen Medien wurde er als „ehrenwehter Spion im Dienste des Vaterlandes” verabschiedet. Auch die neuseeländischen Zeitungen berichteten vom seinem Tod auf Seite eins. Doch kaum ein Neuseeländer wollte, auf den Tod des Spions angesprochen, seine verhaltene Freude verbergen. Die Neuseeländer sind ein nettes Völkchen, aber wenn es um Umweltsünden geht, da hört der Spaß ganz schnell auf.

Quelle: Lenz Koppelstätter

  1. Frank Simon says:

    Hallo,

    es geht dabei nicht nur um die unberuehrte Natur (wovon es in Neuseeland wie ich finde doch noch recht viel gibt), aber unter “green” wuerde man ja auch ein umweltbewusstes Neuseeland denken. Dem ist m.e. nicht so, wie ich finde. Ineffektive Hausheizungen, immer noch weitverbreitete Einzelverglasung in den Haeusern, kaum Erfahrung mit Wärmerückgewinnungssystemen und schlechte Isolierung führt dazu, dass man primaer immer noch die Umwelt heizt und nicht das Haus.

    Frank

  2. Christopher says:

    Sehr schön geschriebener Artikel – ich bin vor wenigen Tagen erst aus Neuseeland zurückgekehrt und habe die Meldung auch vor Ort verfolgt. Muss zum letzten Satz allerdings sagen, dass das “grüne” Neuseeland vom Staat marketingtechnisch auch sehr ausgeschlachtet wird und es längst kein unberührtes Paradies mehr gibt.

    Über meine Reise berichte ich übrigens auch in meinem Blog-Magazin (www.hingesehen.net), vielleicht mag der ein oder andere ja mal vorbeischauen! 🙂

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