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Die Entwicklung der Einwanderung – Historie, Statistik und Aussicht

Bereits 1843 begann die Auswanderung von Deutschen nach Neuseeland. Im 19. Jahrhundert machten wir Deutschen, mal abgesehen von den Briten, die größte Einwanderungsgruppe in Neuseeland aus. Heute könnten etwa geschätzte 200.000 Kiwis der 4,1 Millionen Einwohner Aotearoas von Deutschen abstammen.

„Ich bekomme oft die Frage gestellt, wieviele Deutsche leben denn nun heute in Neuseeland?“, erzählt Einwanderungsberater Peter Hahn. „Doch so einfach wie viele glauben, läßt sich diese Frage gar nicht beantworten. Es gibt in Neuseeland kein Meldesystem und nur ungefähre Statistiken. Wo man in Deutschland bei jedem Umzug sein Auto ummelden muss, werden hier die Einwohner nur alle fünf Jahre zu allgemeinen Volkszählungen aufgerufen. Da wird dann aber auch nur nach gebürtig Deutschen gefragt, also welcher Bevölkerunsgruppe man sich zugehörig fühlt. Beispielsweise die gesamte zweite Generation an deutschen Kindern in Neuseeland, kann somit teilweise gar nicht mehr erfasst werden. Folglich sind die Zahlen nur Schätzwerte.

In der letzten Volkszählung von 2006 gaben 10.917 Menschen in Neuseeland an, deutschstämmig zu sein. „Dies ist ein guter Anhaltspunkt, wobei ich vermute, dass die Zahlen seither weiter leicht gestiegen sein dürften“,  berichtet Peter Hahn. Durch das Erdbeben in Christchurch im vergangenen Jahr wurde die Zählung von 2011 auf März 2013 verschoben. „Grundsätzlich kann man aus den Statistiken lesen, dass über die letzten Jahre ein Durchschnitt von etwa 600 Deutschen pro Jahr in Neuseeland die Residency bekommen.“

 Die Geschichte der Auswanderung

Zwischen 1843 und 1914 wanderten über 10.000 Deutsche nach Neuseeland aus. Vor allem Norddeutsche aus Mecklenburg, Hamburg, Bremen, Hannover, Hessen, Holstein und Westpreussen zog es ans andere Ende der Welt. Vor allem für Arbeiter in der Landwirtschaft war die Situation um 1840 in Deutschland schwierig. Aristokratische Landbesitzer herrschten, viele Bürger waren an ihren Lehnsherren gebunden. Wenn sie sich loslösen wollten, verloren sie das Recht auf dem Land zu leben. Emigration schien für viele die einzige sinnvolle Lösung. Doch auch die gut gebildete Mittelklasse strebte nach Unabhängigkeit, Freiheit, zivilen Rechten und der Befürwortung von Denk- und Redefreiheit, welche in Neuseeland schon damals vorherrschte. Viele Wissenschaftler, Musiker, Künstler, Geschäftsleute und Missionare immigrierten so im 19. Jahrhundert erfolgreich nach Neuseeland.

„Ab 1870 gab es dann breits gezielte Versuche der neuseeländischen Regierung unter dem Premierminister Julius Vogel, Arbeiter aus Europa für Neuseeland zu werben. Dies resultierte dann auch in einigen deutschen Siedlungen in Neuseeland, beispiesweise in der Hawkes Bay, in Wellington, Canterbury oder Otgo. Doch heute ist oft nicht mehr viel vom deutschen Ursprung dort übrig“, weiß Neuseeland-Experte Peter Hahn. Schon damals wurde der Grundstein der neuseeländischen Einwanderungspolitik gelegt, der sich bis heute erhalten hat – Neuseeland sucht gezielt nach Arbeitskräften, welche die Wirtschaft ankurbeln und für das Land gewinnbringend sind.

Die beiden Weltkriege stoppten dann die Einwanderungswelle, viele deutschstämmige Arbeiter in Neuseeland wurden als Kriegsfeinde auf  Somes Island und Motuihe Island verbannt. Einige gebildete jüdischstämmige Akademiker und Künstler fanden jedoch auch vor dem Naziregime im zweiten Weltkrieg Zuflucht am anderen Ende der Welt.

 Zahlen und Statistik

Die größte Einwanderungswelle von Deutschen nach Neuseeland fand sicherlich im 19. Jahrhundert statt. 1858 bei der Volkszählung gaben noch 463 Bürger an, in Deutschland geboren zu sein, während es 1901 bereits 4217 waren. Durch die Weltkriege ging die Zahl der deutschen Einwanderer bis 1976 allerdings auf 3.656 Menschen zurück. „Ich würde sagen seit den 90ger Jahren ist sowohl die Einwanderungspolitik als auch die Anzahl der Deutschen die jährlich nach Neuseeland kommen, relativ konstant. Im Jahr 2004 gab es jedoch noch mal einen größeren Schub, als die so genannte Expression of Interest eingeführt wurde und nun bestimmte Berufe bevorzugt behandelt wurden. War es vorher meist nur möglich mit Job-Offer einzuwandern, wurde jetzt mit der Etablierung der Long Term Skill Shortage Liste, gezielt nach bestimmten qualitfizierten Arbeitskräften gesucht. Deutsches Personal wurde interessant für den neuseeländischen Staat. Damals, wie auch heute noch, konnten beispielsweise viele IT-ler auch ohne Joboffer die Residency bekommen. Mit der bevorstehenden Änderung im Einwanderungsrecht war die Messlatte im Punktesystem zunächst so hoch angesetzt, dass sich kein Antragsteller mehr qualifizierte, daraufhin wurde die Punktegrenze soweit gesenkt, dass ich damals einen ganzen Schwung von Deutschen relativ einfach nach Neuseeland bringen konnte“, erinnert sich Peter Hahn. „Hinzu mag wohl auch eine allgemeine Deutschland-Müdigkeit und Auswanderbereitschaft in Deutschland selbst gekommen sein. Der Stern widmete damals sogar die Aufmachergeschichte des Magazins unter dem Titel „Flucht aus Deutschland“ diesem Phänomen.“

Laut der aktuellen Statistiken von Immigration New Zealand erweitert sich die Zahl der deutschen Residents in Neuseeland seit 2005 um 600 bis 800 Neubürger pro Jahr. „Würde man mal die theoretische Hochrechnung seit der letzten Volkszählung 2006 durchführen, käme man nach den neusten Zahlen bis 15. Januar 2012 auf eine Zahl von knapp 15.000 Deutschen in Neuseeland. Allerdings nimmt man bei dieser Rechnung an, dass auch alle Eingewanderten tatsächlich in Neuseeland geblieben sind, was natürlich sehr unwahrscheinlich ist.“

 Trend und Aussicht

„Für das Jahr 2012 erwarte ich keine schwerwiegenden Änderungen im Einwanderungsrecht in Neuseeland. Die Quote ist nach wie vor auf 50.000 Immigranten pro Jahr festgesetzt, welche sich aus verschiedenen Einwanderungs-Streams zusammensetzt – Skilled Migrants, Refugees, Familienzusammenführung, usw. Allerdings ist, wie zu jedem Jahresbeginn, momentan die Punktegrenze relativ hoch angesetzt, was es schwieriger macht, ohne Job Offer einzuwandern“, wiegelt Peter Hahn die momentane Situation ab.

Doch der Immigrationsberater kann einen deutlichen Trend bei den Arten der Einwanderung feststellen: „Früher waren viele meiner Kunden Handwerker. Heute gehen beispielsweise viele Fälle von Schweizer Landwirten über meinen Tisch, die in Neuseeland leicht Arbeit finden und meist auch Land kaufen und Farmen betreiben wollen. In den letzten Monaten haben zudem immer mehr Unternehmer Interesse auszuwandern, die ein bisschen Geld mitbringen. Auch Immigrationswillige, die über die Investor-Category ins Land kommen können, werden häufiger. Und ich erwarte zukünftig auch wesentlich mehr Anträge von Ingenieuren, die durch winzige Änderungen im Einwanderungsrecht in den kommenden Monaten nun die Chance bekommen könnten, über die Skill Shortage Liste auch ohne Joboffer erfolgreich zu immigrieren!“

Autorin: Anja Schönborn, Wellington

 

 

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