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Immigration wirbt für Neuseeland: Einladung oder Abweisung – was zeigt die Realität?

Im August fand in Auckland die alljährliche Immigration Law Conference statt, bei der Immigrationsminister Nathan Guy und sein Team die Immigrationsberater sowie zahlreiche Anwälte des Landes über die neusten Trends und Zukunftsaussichten informiert hat. Auch der langjährige deutsche Immigrationsberater Peter Hahn, ehemaliger Rechtsanwalt aus Berlin, war im Zuschauerraum. „Es wird zwei Tage lang gesprochen, aber ich kann alle beruhigen, bahnbrechende Änderungen bei der Einwanderung für meine deutschen Kunden gibt es nicht!“

„Wir wissen, dass neue Einwanderer etwa 1,9 Mrd. NZD (etwa 1,2 Mrd. EUR) des Bruttoinlandproduktes von Neuseeland ausmachen – jedes Jahr! Sie spielen eine große Rolle in unseren zwei Hauptwirtschaftszweigen. Allein der Tourismus hat einen Wert von 9 Mrd. NZD (etwa 5,9 Mrd. EUR pro Jahr), und der Exportfaktor unserer Bildungsindustrie durch ausländische Studenten im Land bringt Neuseeland jedes Jahr etwa 2,3 Mrd. NZD (1,5 Mrd. EUR)“, erklärt der Immigrations-Minister in seiner Ansprache. „Diese Zahlen sprechen natürlich für sich und zeigen, wie wichtig unsere Immigrationspolitik für die wirtschaftliche Entwicklung Neuseelands ist!“

Der Hauptaspekt der Konferenz galt Neuseeland als Einwanderungland im Allgmeinen und wie man geeignete qualifizierten Fachkräfte anziehen könne. In diesem Zuge wurden vom Ministerium zwei neue kostenintensive Initiativen ergriffen – die Neugestaltung der Webseite „New Zealand now“, sowie des sogenannten „Skill finders“ auf der Seite. „Das Ganze ist wie eine große Marketingkampagne zu sehen. Die stecken sehr viel Geld in die Webseite und nutzen sie gezielt als Werbeplattform“, erklärt Peter Hahn seine Sichtweise als Immigrationsberater. „Ich sehe allerdings, dass dort viel zu große Erwartungshaltungen aufgebaut werden. Diese Seifenblase kann dann bei dem tatsächlichen Einwanderungsversuch ganz schnell platzen!“

Nathan Guy, Immigrations-Minister erklärt: „Die völlig neu gestaltete Seite, die nun offiziell online ist, ist ein wichtiger Schritt vorwärts, eine neue Plattform mit einer neuen Struktur. Mit extensivem Einsatz von Videomaterial und neuer Technologie berichten Immigranten von ihren Einwanderungserfahrungen und zeigen der Welt Neuseeland.“

Und genau diese Details bemängelt der Experte Peter Hahn. „Die Praxis zeigt leider ganz andere Schwierigkeiten, sodass potenzielle Einwanderer schnell geblendet werden können. Dass Neuseeland ein tolles Land ist, viel Natur zu bieten hat, erklärt sich von selbst. Im Video spricht beispielsweise eine Einwanderin davon, dass sie sozusagen schon fast vor der Einreise eine Arbeitsstelle hatte und einen Tag nach der Ankunft im Land ihren Arbeitsvertrag. Sieht man sich jedoch mal die Realität an, so gäbe es in ihrem Fall schon Probleme bei der Einreise. Sie kommt als Tourist, reist mit einem Besuchervisum ein. In diesem Fall ist sie jedoch schon nicht mehr bona fide, sprich, sie täuscht vor, sie möchte nur Urlaub in Neuseeland machen. Wer also zum Vorstellungsgespräch per Touristenvisum einreist, muss eigentlich den Immigrationsbeamten am Flughafen täuschen, sonst gibt es Schwierigkeiten“, erklärt der Immigrationsberater. „Es ist also fast schon grob fahrlässig, den international interessierten Einwanderern so ein Video zu zeigen und sie dann quasi ins offene Messer rennen zu lassen. Und dann wird natürlich neben dem Lifestyle, dem tollen Wetter und der schönen Landschaft in Neuseeland auch noch vorgegaukelt, dass es hier sehr viele gute Arbeitsmöglichkeiten und Anstellungsverhältnisse in großem Stil gibt. Ganz so stimmt das eben nicht, denn „viel“ ist relativ. Wenn Deutsche oder Amerikaner beispielsweise lesen, in Neuseeland werden dringen Handchirurgen gesucht, erweckt diese Aussage schnell den Glauben, es seien tausende von Handchirurgen-Stellen auf dem neuseeländischen Markt zu füllen. Tatsächlich gibt es jedoch nur drei oder vier Stellen im ganzen Land und wenn die alle dann von etwa 40 bis 50 Jahre alten Chirurgen-Spezialisten besetzt sind, wird für die nächsten 10 bis 20 Jahre erstmal keine Position mehr frei!“, gibt Peter Hahn zu bedenken.

Auch sähe dann die Realität bei der Einwanderung oft nicht mehr so rosig aus, wie in den ausgesuchten Musterbeispielen in den Immigrationsvideos vorgeführt. „Immer wieder stellen wir fest, dass die Bürokratie Einwanderungsaspiranten Hindernisse in den Weg legt. In manchen Fällen ist es wichtig, ein Bachelor Level 7 vorweisen zu können, bewirbt sich jemand mit Level 8, also im Grunde besser, wird dies nicht anerkannt, weil er ja nun nicht Level 7 vorweist. Bei solchen Entscheidungen fassen wir uns als Einwanderungsberater dann oft auch mal an den Kopf.“

Auf der Seite wirbt Immigration gezielt für elf Hauptberufszweige, in denen stets Fachpersonal gesucht werde, wie beispielsweise im Gesundheitssektor. Viele Immigrationsanwälte winken bei diesem Gebiet ohnehin gleich ab. „Als Arzt oder Krankenschwester wird man zwar in Neuseeland gesucht, benötigt jedoch eine Berufzulassung. Und an dieser scheitert es in 80 Prozent aller Fälle, denn dafür werden nicht nur extra Prüfungen verlangt, sondern auch ein kaum zu schaffender Englisch-Test, an dem erfahrungsgemäß die meisten Bewerber schlichtweg scheitern.“

Weitere Wirtschaftzweige seien Land- und Forstwirtschaft oder das Bauwesen. Doch auch hier ist es nicht immer so rosig wie es scheint. „Erst kürzlich haben wir einen Schreiner im Erdbebenaufbaugebiet Christchurch untergebracht, was uns aber nur mit sehr langem Atem gelang. Auch als Farm-Arbeiter gibt es nur wenige Schlupflöcher. Nur wer wirklich eine Position als Farm-Manager bekommt, kann darauf seine Einwanderung aufbauen, als Farm-Arbeiter und selbst als Assistent des Farm-Managers bekommt man nur eine temporäre Arbeitserlaubnis. Sobald also der Besitzer noch als Manager und Inhaber mit auf dem Hof arbeitet, gibt es Schwierigkeiten.“

Offiziell genannt werden unter anderem noch Berufe im Bildungssektor, Ingenieurwesen, in der Wissenschaft, Tourismusbranche, im Finanzwesen und in der Öl- und Gasindustrie. Der sogenannte „Skill Finder“ ist hier ein großer Datenpool, welcher die Informationen von etwa 175.000 Menschen aus aller Welt hält, die sich als Fachkräfte auf dem Markt anbieten. 1000 potenzielle neue Einwanderer tragen sich hier laut Immigration New Zealand pro Woche ein. Für neuseeländische Arbeitgeber ist diese Datei dann eine Möglichkeit, gezielt nach geeigneten ausländischen Fachkräften zu suchen.

„Natürlich bestätigen Ausnahmen immer die Regel. Die Webseite „New Zealand Now“ ist in meinen Augen nur etwas zu unrealistisch und weckt falsche Hoffnungen. Ein guter Berater sieht sich jeden Fall ganz individuell an. Immer häufiger bekommen wir heutzutage beispielsweise für unsere Kunden über den Umweg eines Studiums auch im höheren Alter dann die entsprechende Zulassung oder einen Job und somit die Aufenthaltsgenehmigung. Es gibt viele Wege, ob über die Investor-Kategorie oder mit anderen kleinen Kniffen. Auf der Webseite von Immigration New Zealand wird jedoch überhaupt nicht differenziert. Ich würde mich persönlich nicht trauen, solche Aussagen auf meiner eigenen Seite zu publizieren. Deshalb rate ich allen Einwanderungsinteressierten, die Informationen dort erst einmal mit Vorsicht zu genießen!“

Neue Webseite von Immigration NZ : http://www.newzealandnow.govt.nz/

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